Die Vortrefflichkeit von Bodhichitta

Buchzusammenfassung von: Geh an die Orte, die du fürchtest – Pema Chödrön

Kernunterweisung: Wir können zulassen, dass die Umstände unseres Lebens uns hart machen, so dass wir immer verärgerter und furchtsamer werden, oder wir können uns von ihnen weicher, sanfter machen lassen, so dass wir freundlicher werden und offener für das, wovor wir uns fürchten. Wir haben stets die Wahl.

Was ist Bodhichitta: Chitta heißt „Geist, Bewusstsein“ , aber auch „ Herz oder „Einstellung“, Bodhi heißt „erwacht“, „erleuchtet“ oder „völlig offen“ – Geist der Erleuchtung

Manchmal werden das völlig offene Herz und der völlig offene Geist von Bodhichitta der wunde Punkt genannt. Jeder Mensch hat diesen wunden Punkt, es ist die uns angeborene Fähigkeit zu lieben und uns um andere zu kümmern. Bodhichitta wird auch mit unserer Fähigkeit zu lieben gleichgesetzt, in Teilen auch mit Mitgefühl.

Bodhichitta ist immer verfügbar, egal ob in Schmerz oder Freude, jeder gewöhnliche Mensch hat den Geist der Erleuchtung. Aus Angst, Zorn, Begehren, Gleichgültigkeit, Arroganz und Stolz  errichten wir Mauern, um uns zu schützen (vor dem Leiden der Anderen). Bodhichitta ist die Öffnung in diesen Mauern. Die Offenheit und Wärme von Bodhichitta ist unsere wahre Natur, auch wenn dies oft durch Mauern und Wolken nicht durchscheint.
Bodhichitta ist das Gefühl einer tiefen Verbundenheit mit Allen.

Zwei Ebenen von Bodhichitta:
bedingungsloses B: etwas so grundlegend Gutes, die Gewissheit, dass es nichts zu verlieren gibt
relatives B: die Fähigkeit, unser Herz und unseren Geist empfänglich zu halten für das Leiden anderer
– wer sich mit ganzem Einsatz schult, beide Ebenen von Bodhichitta zu wecken, den nennt man Bodhisattva oder einen Krieger, allerdings Krieger ohne Aggressivität, Männer und Frauen, die sich mitten im Feuer schulen

Die Schulung eines Bodhisattva funktioniert nicht auf die bequeme Tour. Die zentrale Frage in der Schulung zum Krieger ist, wie wir mit unangenehmen Zuständen umgehen können. Mut und Liebe, erwachsenwerden und sich dem Leben stellen, anstatt aus Furcht in einer unerfüllten Situation zu verharren

Die Quelle anzapfen

Sich mit Bodhichitta zu verbinden, Zugang zu dem wunden Punkt zu gewinnen, hat eine transformierende Wirkung. Sich in diesem Punkt aufzuhalten, mag sich unsicher und bedrohlich anfühlen, aber es ist auch etwas ungemein Befreiendes. Mitfühlend genug zu sein, unsere eigenen Ängste anzunehmen, verlangt Mut – aber daraus, dass wir unsere Ängste besser verstehen, entsteht Offenheit.
Drei Herren des Materialismus, die uns Boden unter den Füßen liefern sollen (Illusion der Sicherheit, sich dem Leben wie es ist entziehen): Herr der Form (Äußerlichkeiten), Herr der Rede (Überzeugungen, Glaubenssätze), Herr des Geistes (besondere Bewusstseinszustände, durch z.B. Drogen, Sport, neu verlieben)

Die Tatsachen des Lebens

Buddha lehrt drei Grundcharakteristika der menschlichen Existenz: Vergänglichkeit, Ichlosigkeit und Leiden oder Ungenügen. Der Mensch sucht nach Sicherheit. Sofern es uns jedoch gelingt, die drei Charakteristika zu akzeptieren und uns zu befreien, können wir in jedem Augenblick des Lebens gegenwärtig sein.

Bei sich bleiben

Das Sitzen in Meditation ist das Fundament für die Bodhichitta-Schulung. Indem wir einfach hierbleiben, entspannen wir uns immer mehr in die offene Dimension unseres Seins hinein. „Warum meditieren wir?“ erst wenn wir beginnen, uns mit uns selbst anzufreunden (Maitrî), wird die Meditation zu einem transformierenden Prozess.  Beim Meditieren entwickeln wir vier Qualitäten von Maitrî: Standhaftigkeit, Klares Sehen, die Erfahrung unserer emotionalen Not und Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Augenblick.

Losungen für den Krieger

Lojong-Unterweisungen zeigen uns, wie wir Schwierigkeiten in den Pfad der Erleuchtung umwandeln, statt uns von Gewohnheiten mitreißen zu lassen. „Schule Dich in den drei Schwierigkeiten“ 1. Unsere Neurose als Neurose anerkennen (anerkennen, dass wir durcheinander sind, feststecken), 2. Etwas anderes tun (lähmende Gewohnheiten durchbrechen, bei der Energie der Emotionen bleiben), 3. Sich vornehmen, weiterhin auf diese Weise zu üben (unsere zerstörerischen Gewohnheiten durchbrechen, ist eine lebenslange Aufgabe)

Vier grenzenlose Eigenschaften

Besonders machtvolle Übung, um die Saat unseres Wohlergehens zu säen. Wahrnehmen, wo wir Liebe, Mitgefühl, Freude und Gleichmut  fühlen und wünschen können, dies tun. Ausweiten auf Menschen, bei denen es uns nicht so leicht fällt. Es muss nichts Großartiges sein. Wir zwingen uns nicht dazu gut zu sein, die Übung bringt unsere Liebe, Mitgefühl, Freude und Gleichmut in Fluss, hilft uns, ihr grenzenloses Potenzial zu entfalten.

Liebende Güte (Maitrî)

Entscheidung für die Kultivierung von Liebe statt Zorn. Unwissenheit als Wurzel von Aggression und Leiden: Schulung zum Krieger-Bodhisattva – Wissen um Verbundenheit mit anderen: Wir schaden uns selbst, wenn wir anderen schaden. Wir schulen uns darin, aufrichtig, liebevoll und mitfühlend zu uns selbst zu sein. Kontakt mit dem wunden Punkt von Bodhichitta, erkennen, wann Schutzmauern gebaut werden. Ausweiten in 7 Stufen, bis ins Universum, es geht darum, unsere Fähigkeit unvoreingenommen zu lieben zum Vorschein zu bringen.

Mitgefühl

Mitgefühl ist emotional eine größere Herausforderung als Liebende Güte, weil es die Bereitschaft einschließt Schmerz zu empfinden. Denke an gequälte Wesen, spüre ihren Schmerz, um Mitleid zu erzeugen. Zulassen, dass die Angst uns weicher macht. Siebenstufige Übung der Wunschgebete: Alle Wesen mögen frei sein vom Leiden und der Wurzel des Leidens. „Wenn Du dauerndes Glück suchst, dann ist der einzige Weg, es zu finden, aus deinem Kokon herauszukommen“ – Der beste Weg uns selbst zu dienen, ist Liebe und Fürsorge für andere.

Tonglen = Sich selbst an die Stelle eines anderen versetzen

Tonglen bedeutet wörtlich „geben und nehmen“. Wenn wir bereit sind, auch nur für einen Moment bei der unangenehmen Energie zu verweilen, dann lernen wir langsam, sie nicht mehr zu fürchten à Leiden einatmen, Erleichterung des Schmerz/Leiden ausatmen. Übung hat 4 Abschnitte: 1) kurzer Moment der Stille und Offenheit (Moment des bedingungslosen Bodhichitta), 2) Visualisiere die Beschaffenheit von Enge und Weite und arbeite damit 3) das Unerwünschte einatmen, Gefühl der Erleichterung ausatmen, 4) Mitgefühl weiter ausdehnen

Fähig sein, sich zu freuen

Während wir uns mit den Bodhichitta-Übungen schulen, erleben wir allmählich immer mehr Freude, die Freude, die aus einer wachsenden Würdigung unseres grundlegenden Gutseins erwächst (und der Fähigkeit, sich mit der inneren Stärke des Gutseins zu verbinden). Das Zutrauen in unsere frische, unvoreingenommene Natur bringt uns grenzenlose Freude. Wir üben uns darin, gegenwärtig zu bleiben, auch auf die Details des gewöhnlichen Lebens zu achten (Alltagsglück). Am Anfang ist die Freude einfach das Glück, dass wir mit unserer eigenen Situation umgehen können. Wir hören auf, uns nach einem Ort umzusehen, der uns angemessener für unser Leben vorkommt. Siebenstufige Praxis der Wunschgebete kann helfen, Wertschätzung und Freude zu erwecken.

Die Schulung zur Freude vertiefen

Vier  grenzenlose Eigenschaften zusammengefasst: „ein gütiges Herz“ – Unser Herz für andere zu öffnen ist eine einfache Übung, die wir jederzeit und unter allen Umständen anwenden können. Erinnert an Verbundenheit und hilft uns, uns zu freuen. Denke an andere, wenn das Leben schön ist und wenn es schwer ist.

Die Vogelperspektive

Indem wir Liebende Güte, Mitgefühl, und Mitfreude praktizieren, kultivieren wir den unvoreingenommenen Zustand des Gleichmuts. Ohne diese vierte Eigenschaft bleiben die anderen drei durch unsere Gewohnheiten des Mögens/Nichtmögens, des Annehmens/Zurückweisens beschränkt. Zur Kenntnis zu nehmen, wo wir uns öffnen, wo wir uns verschließen – ohne Lob und Tadel – ist Grundlage unserer Praxis. Grenzenloser Gleichmut ‡ absolute Harmonie. Sich völlig auf alles einlassen zu können, was an unsere Tür klopft = total lebendig sein.

Ein Neuanfang

Vergebung ist ein wesentlicher Bestandteil der Bodhichitta-Praxis. Sie erlaubt uns, von der Vergangenheit abzulassen und einen Neuanfang zu machen. Vergebung als natürlicher Ausdruck des offenen Herzens.

Stärke

Fünf Methoden, mit denen ein Krieger zunehmend Zuversicht und Inspiration gewinnt: Fester Entschluss (erzeugt Stärke), Vertrautheit mit den Bodhichitta-Lehren und – Übungen, der Same des Gutseins, der sich in jedem Lebewesen findet, die Praxis des Tadelns (das Ego, wen wir in gewohnten schädlichen Mustern sind) und die Macht des Wunschgebets.

Drei Arten der Faulheit

Hängen an Bequemlichkeit: basiert auf unserer Neigung, Unangenehmes zu vermeiden àkann zu Aggressivität führen, wir werden wütend über Unannehmlichkeiten, macht unzufrieden
den Mut verlieren: Gefühl von Hoffnungslosigkeit „ich Armer“ – Wir fühlen uns nicht in der Lage, es mit der Welt aufzunehmen à Lassen den Lebensmut sinken, verharren beim Fernsehn, rauchen, essen, trinken…
„Scheißegal!“: Geprägt von Ablehnung à schwelgen in dem Gefühl, verraten und verkauft zu sein, die andern sind schuld à kann leicht zu einer Depression werden

Es gibt 3 gewohnte Methoden (unnütze Strategien), wie Menschen mit Faulheit (oder jeder störenden Emotion umgehen): Angreifen, Schwelgen, Ignorieren – Die Geistesschulung für Krieger schlägt vierte Strategie vor, erleuchtete Strategie: die 3 Arten der Faulheit erforschen

Das Wirken des Bodhisattva

Der Bodhisattva-Krieger gelobt, nicht nur für sich selbst zu erwachen, sondern zum Wohle aller Lebewesen.
Der Bodhisattva schult sich der Tradition nach in sechs Weisen (sechs Pâramitâs = „ans andere Ufer gegangen“) eines mitfühlenden Lebens: Großzügigkeit (Gebefreudigkeit), Disziplin (Sittlichkeit), Geduld, Begeisterung (Energie), Meditation und bedingungslose Weisheit.

Bodenlosigkeit

Jede Schlussfolgerung zu der wir kommen, müssen wir loslassen. „Form ist Leere, und Leere ist auch Form„ Erst wischen wir alle Voreingenommenheit beiseite, dann müssen wir auch noch unseren Glauben loslassen, dass wir die Dinge ohne Voreingenommenheit ansehen sollten. Wir ziehen uns selbst den Teppich unter den Füßen weg. In dem Ausmaß, in dem wir aufhören, gegen Ungesichertheit und Ungewißheit zu anzukämpfen, in dem Ausmaß löst sich unsere Furcht auf. Das Synonym für totale Furchtlosigkeit ist Erleuchtung – eine rückhaltlose, vollkommen offene Wechselbeziehung mit der Welt. Erleuchtung ist nicht irgendein Endpunkt.

Die Verstärkung der Neurose

Geschieht einfach. Auf dem Weg des Erwachens verlieren wir den Halt/Boden unter den Füßen. Man mag das Befreiung nennen, aber lange Zeit fühlt es sich nur nach Ungesichertheit an, wir bekommen Angst, haften an alten Mustern an. Wir müssen langsam das Vertrauen entwickeln, dass das Loslassen etwas Befreiendes ist.

Wenn der Weg steinig wird

Über Dich darin, niemandem zu schaden – weder Dir selbst noch anderen – und tue jeden Tag, was Du kannst, um hilfreich zu sein. Vier Methoden des Sitzenbleibens als grundlegende Unterweisung/Hilfsmittel, wenn der Weg steinig wird: 1. Kein Ziel für den Pfeil aufstellen, 2. Kontakt zum Herzen aufnehmen, 3. Hindernisse als Lehrer ansehen, 4. Alles, was geschieht, als Traum betrachten

Der spirituelle Freund

Krieger im Prozess der Schulung brauchen jemanden, der sie führen kann, der die zu durchwandernde Landschaft gut kennt und der ihnen den Weg weisen kann. Die Liebe des Lehrers für den Schüler manifestiert sich als Mitgefühl. Die Liebe des Schülers für den Lehrer ist Hingabe. Diese gegenseitige Wärme, diese Herzensverbindung macht eine Begegnung von Geist zu Geist möglich. Die Beziehung zu unserem spirituellen Freund inspiriert uns dazu, furchtlos loszumarschieren und zu beginnen, die phänomenale Welt zu erforschen.

Der Zwischenzustand

Es braucht einige Zeit der Schulung, bis völliges Loslassen = Wohlbefinden. „Nichts an dem man festhalten könnte“ ist die Wurzel des Glücks. Wir haben ein Gefühl der Freiheit, wenn wir akzeptieren, dass wir nicht die Kontrolle besitzen. Das mag zu einer „Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll“ Empfindung führen, dem Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Angst, Traurigkeit, Zartheit sind Kennzeichen dieses Zwischenzustands, in dem wir unsere alten Annehmlichkeiten nicht mehr von außen bekommen, aber auch noch nicht in einem beständigen Gefühl des Gleichmuts und der Wärme Zuhause sind – Fähigkeit, im Paradox zu bleiben

von: Jenny Tilling, Absolventin der Yogalehrerausbildung bei Openlotus