(inspiriert von Desirée Rumbaugh: „Fearless After Fifty“)
Viele von uns haben so etwas wie „To-do-Listen“ – ob das nun Arbeitspläne oder Pläne für den Tag sind, Einkaufslisten oder allgemeine Ziele, letztere werden gerne auch zu Beginn des Jahres aufgestellt. Manche schreiben ihre Listen auf, andere haben sie im Kopf. Vieles auf dieser Liste dessen, was noch zu tun ist, ist hilfreich und auch nötig, um den Alltag zu bewältigen und wesentliche Grundlagen im Leben zu schaffen. Will ich einen angenehmen Wohnort haben, genug zu essen und mir die ein oder andere Annehmlichkeit erlauben, so ist eine mehr oder weniger strukturierte, sicher aber beständige Arbeit mit den Dingen nötig, die eben nun einmal anfallen und erledigt werden müssen.
Aber wie sieht es mit unserer „To-be-Liste“ aus? Haben wir solch eine Liste? Eine Vorstellung davon, wie wir leben oder wer wir sein möchten? Falls ja, ist etwas davon hier und jetzt schon Wirklichkeit, in unserem täglichen Leben, oder haben wir solche Wünsche auf später verschoben? Wenn wir endlich mal Zeit haben, wenn die Kinder aus dem Haus sind, die Rente ansteht oder sogar der (todsichere) Lottogewinn. Finden wir jeden Tag ein bisschen Zeit für uns, zu sein? Oder gönnen wir uns diese Zeit und diesen Raum nicht, weil die To-do-Liste zu gewaltig ist?
Manche von uns haben auch sehr viel „To-be-Zeit“ und fragen sich, was sie damit sinnvolles tun können, ob sie sich sozial engagieren oder an etwas binden wollen, oder ob sie sich spirituell entwickeln, oder einfach für sich selbst liebevoll sorgen möchten.
Gewiss wird am Ende unseres Lebens niemand behaupten, sie/er habe zu wenig Zeit damit verbracht, das Haus zu putzen. Das Buch von Bronnie Ware „Was Sterbende am meisten bereuen“ zeigt auf, was wirklich wichtig ist: Bedauern darüber, das eigene Leben nicht wirklich gelebt zu haben, weniger Arbeit, ehrlich zu seinen Gefühlen zu stehen, mehr Fokus auf Freunde, Glücklichsein und Entfaltung im Leben.
Wie so oft bei yogischen Themen geht es auch hier um eine gute Balance zwischen Tun und Sein. Oder auf anderer Ebene betrachtet zwischen „Sthira und Sukha“, kraftvoller, standhafter Festigkeit und leichtem, angenehmen Wohlgefühl (vgl. Patanjali, Yoga Sutra 2.46).
Balance bedeutet aber nicht, regungslos in einer ausbalancierten Mitte zu verharren. Balance ist vielmehr vergleichbar mit einer Wippe, die ausgewogen mal auf der einen Seite, mal auf der anderen hin und her schwingt. Eine Wippe die in der Mitte steht klemmt zumeist. Ein körperliches und/oder seelisches Ungleichgewicht hat früher oder später Folgen, die weder uns, noch unserem Umfeld dienen. Steht unsere Wippe im Leben überwiegend im Tun-Modus, so droht Erschöpfung, Depression, Aggression. Überwiegt der Sein-Modus unverhältnismäßig, so macht auch das nicht froh.
Natürlich kann ich auch in einer Tätigkeit gleichzeitig tun und sein. So bin ich in Yoga-Asanas oft in einem angenehmen und beglückenden Zustand von achtsamer Bewegung und tiefer Wahrnehmung meines Selbst. Dennoch sind die Asanas im Yoga nur ein Bereich der Praxis. Achtsamkeits- und Meditationsübungen, das Zurückziehen der Sinne, Fokus ebenso wie Loslassen sind weitere, ebenso wichtige Teile im Yoga wie im Leben.
Oder wie Nicole Konrad gerne sagt: Ein Vogel braucht zwei Schwingen um fliegen zu können …
Eine Achtsamkeits-Übung zu diesem Thema findest du hier!
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Brigitte Heinz